Wer Katharina begegnet, spürt sofort ihre Energie: klar, zugewandt, interessiert. Wie unter einem Vergrößerungsglas fühlt man sich größer, sichtbarer, die Gedanken klarer, sinniger, Gemeinsamkeiten treten deutlicher hervor. Seit nun über 7 Jahren bringt sie sich in verschiedenen Rollen und Positionen in BÄM! ein: als Ideengeberin, Moderatorin und Mediatorin, Vorständin, Freundin, Kritikerin und Strategin.
Als Kulturanthropologin ist sie verantwortlich für „die Konzeption von Projekten, die Inhalte von Menschen in den Fokus rücken, deren Stimmen marginalisiert werden“. Dies füllt sie aktuell in ihrer Rolle als Leiterin des Deutschen Jugendfotopreises und Co-Leiterin des Deutschen Multimediapreises mb21 beim Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrum (KJF) aus.
Fragt man sie nach drei Worten, die ihr Wirken beschreiben, antwortet sie ohne Zögern: „Ehrlich und direkt, klassenbewusst, in Liebe denkend und handelnd.“ Diese Haltung prägt nicht nur ihre Arbeit, sondern auch ihr Verständnis von Gemeinschaft.
Katharina beschreibt ihre Rolle oft bescheiden, doch ihre Wirkung ist unübersehbar. Sie ist diejenige, die Fäden zusammenführt und Verbindungen knüpft. Ihre Perspektive macht sie besonders sensibel für Ausschlüsse im Kulturbetrieb, und ihre Liebe zu Menschen verleiht ihren Projekten Tiefe und Glaubwürdigkeit.
BÄM! sei für sie „eine große Schwester, ein Ort, der mir Heimat bedeutet, den ich mitnehme, der mich stark macht, egal wo ich bin.“ Und für uns ist Katharina genau das: eine, die BÄM! mit Herz, Verstand und einer guten Portion Humor trägt. Sie hört zu, stellt die richtigen Fragen und sorgt dafür, dass aus Ideen Bewegung wird. Einfach gesagt: Wir sind verdammt glücklich, dass es sie gibt.
Wer bist du, und was treibt dich in deinem Leben und deiner Arbeit an?
Ich bin Katharina Klapdor Ben Salem, ich bin Kulturanthropologin (M. A.) und arbeite seit dem Ende meines Studiums an / für / mit Kunst und habe als solche nie in eine Schublade gepasst. Meine Stärken sind die Konzeption von Projekten, die Inhalte von Menschen in den Fokus rücken, deren Stimmen marginalisiert werden. Ich brenne für die Entwicklung von Konzepten und Strategien, dafür, starke Netzwerke zu bauen und Räume zu schaffen, in denen Menschen sich begegnen können.
Wie würdest du dich und dein Wirken in drei Worten beschreiben?
Katharina: Ehrlich und direkt, klassenbewusst, in Liebe denkend und handelnd (in beliebiger Reihenfolge)
Gibt es einen Moment, eine Erfahrung, Menschen, die dich besonders geprägt haben und deine Sicht auf die Welt, dein Arbeiten beeinflusst haben?
Katharina: Ja, viele. Von drei Momenten mit Kunst möchte ich erzählen – zum einen hatte ich 2008 das Privileg, mit dem Rucksack durch Argentinien und Chile zu reisen, während des Studiums. Ich erinnere weder den Namen der Stadt noch des Museums, aber ich habe dort zum ersten Mal vor einem Werk von Frida Kahlo gegessen. Stundenlang saß ich dort, unfähig, mich zu lösen, mir liefen die Tränen nur so von den Wangen. Rückblickend betrachtet habe ich dort wohl zum ersten Mal mit allem Leid und in aller Schönheit als Frau Kunst gesehen und mich als Frau repräsentiert gefühlt. Zum anderen die Ausstellung Magnum Contact Sheets. The Photographers choice in der C/O Berlin (2014/2015). Dort vor all diesen ikonischen Fotografien zu stehen, die unser kollektives Gedächtnis und damit dass, was wir unter Kultur verstehen, so sehr geprägt haben und zum ersten Mal so richtig zu verstehen, was Fotografie ist, was sie nicht ist, was sie leisten kann, wie sie manipulieren kann, hat mich tief beeindruckt. Im Theater: 2013 oder 14 habe ich Lars Eidinger zum ersten Mal als Hamlet in der Berliner Schaubühne gesehen. Die Ernsthaftigkeit, die Risikobereitschaft, die Dringlichkeit, mit der ein Mensch seinen Beruf in der Kunst ausübt, hatte ich vorher noch nie live erlebt, und ich bin noch zwei weitere Male in das Stück gegangen, immer allein, gleiche Reihe, gleicher Platz. Die Wucht dieses Theaterabends hat mich über viele Jahre begleitet, ermutigt und inspiriert.
Work in Progress ist ein zentrales Prinzip von And She Was Like: BÄM! – In welchem Bereich erlebst du dich selbst als Lernende oder Verändernde? In welchem Bereich fühlst du dich gerade selbst „in progress“?
Katharina: Ehrlicherweise fühle ich mich, immer wieder, in allen Lebensbereichen so: Ich glaube, die Offenheit, das Dazwischen sein, das sich irren und verändern dürfen sind in unserer Zeit dramatisch unterschätzt und ich möchte dazu beitragen, dass wir in progress bleiben dürfen.
Was bedeutet für dich Gemeinschaft – und wie kann sie in herausfordernden Zeiten gestärkt werden?
Katharina: Gemeinschaft bedeutet für mich, anderen Menschen mit echtem Interesse, Offenheit, Geduld, und Zuversicht zu begegnen. Gestärkt werden kann sie, wenn wir uns ganz grundsätzlich wieder begegnen – ohne Erwartungen, ohne Druck, in echten/ realen Räumen und Zusammenhängen. Einsamkeit und Angst sind aus meiner Sicht die großen Themen unserer Zeit. Ich träume deshalb von offenen Räumen und Plätzen, an denen wir uns begegnen, uns die Hand halten, Ängste abbauen, Gespräche führen, uns in Small Talks verlieren, lachen …
In den letzten zehn Jahren hat sich gesellschaftlich viel bewegt. Welche Entwicklungen machen dir Hoffnung, und wo siehst du noch dringenden Handlungsbedarf? Welche Stimmen oder Perspektiven fehlen deiner Meinung nach noch in öffentlichen Diskursen?
Katharina: Außer persönlichen Begegnungen mit anderen Menschen macht mir nichts so viel Hoffnung wie die nachkommende Generation – auch, wenn ich hier auch nicht weiter gucken kann, als meine Bubble es erlaubt, sehe ich dort so viel Klugheit, Stärke, Gelassenheit und kreative Kraft. Und gleichzeitig zieht die Gesellschaft, das politische Handeln, diese Generation so sehr in Mitleidenschaft … Ach, es ist grade wirklich schwer mit der Hoffnung.
Wenn du einen Wunsch für die nächsten zehn Jahre formulieren könntest: Wie sollte eine inklusive und gerechte Gesellschaft aussehen? ODER Was braucht es, damit künstlerische und aktivistische Arbeit langfristig Wirkung entfalten kann?
Katharina: Ich wünsche mir wirklich nur eins: eine visionäre, mutige Politik, die positive Bilder für die Zukunft baut, die Menschen mitnimmt, sie entlastet, ökonomische Gerechtigkeit und Sicherheit schafft und ihnen die Angst nimmt. Dann kann sich alles andere, wonach hier gefragt ist, entfalten.
Was ist deine Rolle in der BÄM!-Gemeinschaft, wie und wo bringst du dich ein?
Katharina: Ich bin seit 2018 bei BÄM! und habe mich am Anfang sehr intensiv um die Organisation und Konzeption von Veranstaltungen gekümmert. Mit der Zeit bin ich tiefer ins Kernteam gerutscht, seit letztem Jahr bin ich im Vorstand, gemeinsam mit Ilka Helmig und Nelly Gawellek. Gemeinsam versuchen wir, das große Ganze im Blick zu haben, stimmen uns miteinander ab – vom Alltagsgeschäft über Strategien, der Verantwortung für den Verein als Ganzem, usw. Was mich an BÄM! schon immer fasziniert hat, ist die Tatsache, dass wir uns auch intern ständig entwickeln – es kommen Personen hinzu, einige bleiben, andere ziehen weiter. Aber alle hinterlassen etwas, das bleibt. Es ist sehr besonders, sich freiwillig zu engagieren, zu sehen, wo der gesellschaftliche Benefit liegt, wo der persönliche, welche Learnings sich verbinden. Mich begeistert, dass wir grade so einen wunderbaren Querschnitt der Generationen vereinen, mit Leuten im Team in ihren 20ern, die uns unglaublich bereichern und weiterentwickeln, bis zu Mitgliedern, die über 70 sind. Hier ansprechbar zu sein, für sie präsent als auch Repräsentantin zu sein, macht mich sehr stolz.
Was bedeutet BÄM! in deinem Leben?
Katharina: Wenn man in Kunst und Kultur arbeitet, überschneiden sich private und berufliche Begegnungen und Momente an vielen Stellen, sehr oft unausgesprochen, subtil, undefiniert. Für mich als Tochter einer nicht-akademischen Familie waren diese Codes – Wie verhalte ich mich? Was kann ich erwarten? Worüber sollte ich reden?, usw. – nur schwer zu entschlüsseln. BÄM! dagegen ist für mich seit nun über 7 Jahren ein Ort, an dem sich diese Fragen nie gestellt haben. Ich habe mich innerhalb der BÄM!-Gemeinschaft nie verstellt, egal ob ich für BÄM! auf Podien saß, moderiert habe, Kooperationen aufgebaut habe oder mit anderen BÄMS! zusammen war. BÄM! ist wie eine große Schwester, ein Ort, der mir Heimat bedeutet, den ich mitnehme, der mich stark macht, egal wo ich bin.
Welches Wort oder welche Emotion beschreibt für dich am besten die Energie von And She Was Like: BÄM!?
Katharina: Konstruktiv. Kritisch. Unperfekt. In Liebe handelnd.
Was wünschst du And She Was Like: BÄM! zum Jubiläum – und welche Botschaft möchtest du für die Zukunft mitgeben?
Katharina: Happy birthday BÄM! Ich danke allen, die daran mitwirken und allen, die uns unterstützen, von Herzen! Ich hoffe, es gelingt uns, Hürden abzubauen, um irgendwann wirklich unsere Gesellschaft zu repräsentieren. Ich wünsche uns, dass wir mutiger werden. Das wir uns nicht vereinzeln lassen. Dass wir nie aufhören, uns von den Menschen, die wir unter BÄM! versammeln können, begeistern und stärken zu lassen. Ich sage auch ganz persönlich: Danke, BÄM!, ich bin da und ich bleibe da. Lasst uns nicht beirren lassen – an meinem Arbeitsort gibt es ein neues Street Art Plakat, da steht geschrieben: I´ve been to the future, the good people won! Dem möchte ich mich anschließen.