Zusammen ist für Ilka nicht nur ein Wort, sondern eine Haltung. Kunst, Lehre und kulturpolitisches Engagement denkt und praktiziert sie zusammen: Sie ist bildende Künstlerin, Professorin für Zeichnung und visuelle Konzeption an der FH Aachen und Vorstandsvorsitzende des Neuen Aachener Kunstvereins. Sie bewegt sich sicher zwischen Stühlen, die scheinbar oft weit auseinander stehen und rückt diese wieder zusammen.
Ob mit Studierenden oder im Verein, Ilka sieht große und kleine Zusammenhänge, die Menschen, die diese Verbindungen aufbauen, und die Möglichkeiten, die daraus entstehen.
In ihrer künstlerischen Praxis setzt sie sich mit visuellen Aspekten wissenschaftlicher Erkenntnisse und kulturell wie natürlich bedingten ästhetischen Phänomenen auseinander. Es ist ein forschendes Arbeiten, das oft in raumgreifenden Installationen sichtbar wird und ihr Denken prägt: „Ich bin […] immer eine lernende Person.“ Diese Haltung bestimmt auch ihre Lehre: nicht klassisch vermitteln, sondern gemeinsam erarbeiten, Fragen stellen, Unsicherheiten zulassen.
Seit 2017 bringt sie diese Energie auch bei BÄM! ein, seit 2018 als Vorständin. Sie ist eine, die ermöglicht: die Räume schafft, Ressourcen weitergibt, Perspektiven zusammenführt. Weil sie weiß, dass Handeln immer auch eine politische Dimension hat und dass Verantwortung nicht Last, sondern Privileg und Potenzial bedeutet.
Ilka benennt klar, wo sie Handlungsbedarf sieht: „Überforderung, Frustration und Gleichgültigkeit ist das Schlimmste, was passieren kann, dann verlieren wir unser Mitbestimmungsrecht und unser Korrektiv gegen Monopolisierung von Macht.“ Wenn sie von Gemeinschaft spricht, klingt darin viel Erfahrung und Fürsorge: „Gemeinschaften sind wie Organismen, die die Beteiligten stützen, heilen und stabilisieren können.“
Und BÄM!? Für Ilka ist es „eine Community, in der ein produktiver Austausch möglich ist und in der wir trotz Backlash-Zeitgeist die Fahne für Gleichberechtigung hochhalten!“ Für BÄM! ist Ilka die starke Kraft, die uns immer wieder zusammenführt und uns ein warmes Gefühl von einer gemeinsamen Zukunft vermittelt.
Wer bist du, und was treibt dich in deinem Leben und deiner Arbeit an?
Ich arbeite als Künstlerin in Köln und Paris und lehre Zeichnung und visuelle Konzeption an der FH Aachen. Ich interessiere mich besonders für visuelle Erscheinungsformen, die zufällig entstehen und für Phänomene, für die wir noch wenig Begriffe haben.
Wie würdest du dich und dein Wirken in drei Worten beschreiben?
In meiner künstlerischen Arbeit versuche ich die Wahrnehmung zu schärfen und inhaltliche Zusammenhänge zu erkennen. In der Lehre und in meiner kulturpolitischen Arbeit (BÄM, NAK) versuche ich aus der Erkenntnis heraus zu handeln.
Gibt es einen Moment, eine Erfahrung, Menschen, die dich besonders geprägt haben und deine Sicht auf die Welt, dein Arbeiten beeinflusst haben?
Mein Studium mit Lehrenden und Kommiliton*innen, die Arbeit in unterschiedlichen Ländern wie Ecuador, Kenia und Senegal, die Zeit als Dekanin an der Hochschule, der Tod von nahestehenden Menschen.
Work in Progress ist ein zentrales Prinzip von And She Was Like: BÄM! – In welchem Bereich erlebst du dich selbst als Lernende oder Verändernde? In welchem Bereich fühlst du dich gerade selbst „in progress“?
In meiner Arbeit geht es eigentlich immer um Work in Progress, ich bin in meiner künstlerischen Praxis immer eine lernende Person. Der Arbeitsprozess als bildnerischer Vorgang spielt für mich eine wichtige Rolle. In der Lehre geht es mir auch nicht um klassische Wissensvermittlung, sondern um ein gemeinsames Erarbeiten von Themen und Fragestellungen mit Studierenden.
Welche Künstler*innen, Aktivist*innen oder Denker*innen inspiriert dich aktuell, und warum?
In dem Band Was wahr ist. Über Gewalt und Klima von Carolin Emcke anlässlich ihrer Poetikdozentur an der Bergischen Universität Wuppertal hat sie auf die Frage, was wir in unserer Gesellschaft bräuchten, mit „Wahrheit und Utopie“ geantwortet. Das finde ich eine sehr zutreffende und inspirierende Antwort.
Mich inspirieren außerdem: Die Autorin Karen Köhler mit ihrer präzisen Beobachtung von Zwischentönen. Die Autorin und Denkerin Siri Hustvedt mit ihrer aus der Literatur kommenden wahrnehmenden Haltung zu wissenschaftlichen Fragestellungen. Der Historiker Rutger Bregman mit seinen konstruktiven Analysen von Gesellschaft. Die Politikwissenschaftlerin Martyna Linartas mit ihrem Scharfsinn und Mut.
Was bedeutet für dich Gemeinschaft – und wie kann sie in herausfordernden Zeiten gestärkt werden?
Gemeinschaftsbildung bedeutet für mich die wichtigste und zukunftsfähigste Form von Gesellschaft. Gemeinschaften sind wie Organismen, die die Beteiligten stützen, heilen und stabilisieren können. Aber sie sind mehr als die Summe einzelner Protagonist*innen. In der Gemeinschaft entstehen Dinge, die alleine nicht denkbar sind. Die Gemeinschaft zu pflegen und auf sie aufzupassen ist lebenswichtig, ähnlich wie die Fürsorge für einen Körper. Ich glaube, die Balance zwischen individueller und gemeinschaftlicher Praxis ist die große Kunst um eine resiliente Community zu schaffen. Vertrauen und Elastizität sind sicher hilfreiche Eigenschaften um dabei Beweglichkeit und Anpassungsfähigkeit zu ermöglichen.
In den letzten zehn Jahren hat sich gesellschaftlich viel bewegt – welche Entwicklungen machen dir Hoffnung, und wo siehst du noch dringenden Handlungsbedarf? Welche Stimmen oder Perspektiven fehlen deiner Meinung nach noch in öffentlichen Diskursen?
Hoffnung macht mir das zunehmende Bewusstsein für Umweltschutz, soziale Themen und die vielen Initiativen aus Kultur, Wissenschaft und Gesellschaft weltweit, die erkannt haben, was zu tun ist. Handlungsbedarf sehe ich aktuell in der Mobilisierung von Menschen, sich für politische und gesellschaftliche Themen zu interessieren, wie Ressourcenverteilung, Machtkonzentration, Geopolitik, Diskriminierung, Ökonomisierung von Privatsphäre, Gesundheit und Wahrheit. Überforderung, Frustration und Gleichgültigkeit ist das Schlimmste, was passieren kann, dann verlieren wir unser Mitbestimmungsrecht und unser Korrektiv gegen Monopolisierung von Macht und Einfluss. Das hat gravierende Auswirkungen auf Erkenntnisprozesse und Wahrheitsfindung.
Wenn du einen Wunsch für die nächsten zehn Jahre formulieren könntest: Wie sollte eine inklusive und gerechte Gesellschaft aussehen? ODER Was braucht es, damit künstlerische und aktivistische Arbeit langfristig Wirkung entfalten kann?
Es ist für eine produktive Gesellschaft wichtig, dass Informationsgerechtigkeit existiert. Wie fließen Geldströme, wer ist an welchen Unternehmungen beteiligt, wie sehen politische und wirtschaftliche Interessen und Verbindungen aus. Wenn wir einordnen können, welche gesellschaftlichen Gruppen von eventuellen politischen Handlungen oder Narrativen profitieren, können wir Desinformation und Stimmungserzeugung entgegenwirken. Wir sehen einen Kampf um die Meinungshoheit, der mit brutalen Mitteln geführt wird. Dem muss mit aller Kraft und Klugheit begegnet werden, damit Wahrheit nicht durch Meinung ersetzt wird.
Was ist deine Rolle in der BÄM!-Gemeinschaft, wie und wo bringst du dich ein?
Ich bin seit 2018 Vorständin und engagiere mich für kultur- und gesellschaftspolitische Themen.
Was bedeutet BÄM! in deinem Leben?
BÄM ist für mich eine Community, in der ein produktiver Austausch möglich ist und in der wir trotz Backlash-Zeitgeist die Fahne für Gleichberechtigung hochhalten!
Welches Wort oder welche Emotion beschreibt für dich am besten die Energie von And She Was Like: BÄM!?
Empowerment und gute Laune.
Was wünschst du And She Was Like: BÄM! zum Jubiläum – und welche Botschaft möchtest du für die Zukunft mitgeben?
Ich wünsche BÄM viel Resilienz für die nächsten 10 Jahre, die Nervenstärke für Veränderungen und Umbrüche, einen langen Atem, und die nötige Großzügigkeit für die Unvollkommenheit des Lebens. Und die Power und Leidenschaft für alle Projekte, die sich BÄM vornimmt.