Typohacks

Unterstrich, Binnen-I, Sternchen oder Doppelpunkt? Welche gendersensiblen Zeichen werden wann genutzt?

Hannah Witte

Liebe Leser:innen, liebe Partner und Partnerinnen, liebe neu Dazugekommene und alte Häs_innen, liebe Mitglieder, liebe Unterstützer+innen, liebe Künstler·innen, liebe Aktivistis und liebe BÄM!-Liebhaber❤️innen,

yes, wir möchten gendern! – darin sind sich die meisten von uns inzwischen einig. Doch welche Form passt am besten, welches Zeichen steht für was, und wie kann das Ganze noch barrierefrei sein? Die Vielfalt der gendersensiblen Zeichen reicht inzwischen von Sternchen über Unterstrich, Doppelpunkt und Mediopunkt bis hin zu neueren Formen wie Pluszeichen, Trema, Malzeichen und Co. Eine bekannte Datingplattform gendert neuerdings sogar mit Herzchenemojis.

Als Grafikdesignerin beschäftigt mich die Vielfalt der neuen Genderzeichen vor allem aus einer typografischen Perspektive. Denn Sternchen, Unterstrich, Mediopunkt und Co. sorgen bei vielen Typograf*innen (abgesehen von der politischen) vor allem auf visueller Ebene für erhitzte Gemüter. So geht es hier neben den üblichen Kritikpunkten (Störung des Leseflusses, falsche Grammatik, Eingriff in die künstlerische Freiheit, inhaltliches Unverständnis) nun auch um typografische Kriterien. Dem mikrotypografischen Regelwerk folgend reißt der Unterstrich Löcher in den Text und zerstört die Harmonie des Weißraums. Das große „I“ im Wort sieht aus wie ein sich wiederholender Tippfehler, der Asterisk attackiert das Schriftbild mit Stolpersteinen und bringt die Lesegewohnheiten des Auges in Aufruhr. Doch ist nicht genau das die Aufgabe und Kompetenz von Typografie und Grafikdesign – Informationen und Inhalte visuell zu vermitteln, ihnen eine passende Form zu geben und bestmögliche Gestaltungslösungen für solche visuellen Problemstellen zu finden?

Genau mit diesem Vorhaben habe ich mich beschäftigt und aus einer gestalterischen Perspektive Vorschläge und Ideen entwickelt, in gendersensible Sprachformen typografisch einzugreifen, um sie dadurch an Kriterien wie Lesbarkeit, Ästhetik oder Funktion anzupassen. Was passiert, wenn der Genderstern von seiner hohen Position auf die x-Höhe heruntergezogen wird oder das Gendergap etwas von seiner Breite verliert und dadurch weniger weiße Löcher im Schriftbild entstehen? Und was bleibt von der aktivistischen Funktion gendersensibler Zeichen übrig, wenn sie geglättet sind und im Lesefluss verschwinden? Das Buch Typohacks versammelt meine Recherche, Vorschläge und Ideen rund um das Thema gendersensible Sprache und Typografie und gibt Anstöße, mutig mit Sprache und Schrift umzugehen.

Wenn ihr, liebe BÄM!-Freundys, also nun Lust bekommt auf neue Anstöße zum feministischen Hacken und Umgestalten der patriarchalen Sprache, lade ich euch herzlich ein, in Typohacks zu stöbern und mit den neuen Genderzeichen visuell zu experimentieren.

Let’s hack patriarchy!

Hannah Witte für BÄM!

 

Hier könnt ihr Typohacks bestellen und hier findet ihr Hannah bei Instagram.